Projektbeschreibung

1. Grundlagen in Bad Saulgau

Die Stadt Bad Saulgau mit ihren ca. 17.600 Einwohnern ist eine Kur- und Bäderstadt. Sie erhielt in den letzten Jahren zahlreiche Auszeichnungen für Naturschutz und Grünprojekte. Titel wie „Naturschutzkommune 2007“, Landeshauptstadt der Biodiversität 2011, Preisträgerin der Goldmedaille beim europäischen Biodiversitätswettbewerb “Entente Florale Europe” sind Ansporn für zahlreiche Aktivitäten. Als eine von zehn Modellkommunen Baden-Württembergs ist Bad Saulgau für das Projekt „Global Nachhaltige Kommune in Baden-Württemberg“ (GNK) ausgewählt worden. Seit 2022 liegt ein Nachhaltigkeitsbericht („N-Bericht“) für Bad Saulgau vor.

Die Stadtwerke Bad Saulgau sind ein Eigenbetrieb der Stadt Bad Saulgau. Betriebsleiter der Stadtwerke ist satzungsgemäß der Erste Beigeordnete der Stadt Bad Saulgau. Die Stadtwerke sind weitestgehend für die Energie- und Trinkwasserversorgung in der Stadt Bad Saulgau und deren Ortsteile zuständig. Des weiteren betreiben sie auch kommunale Einrichtungen wie das Hallenbad, Parkhäuser und die Straßenbeleuchtung. Ebenso erbringen sie Dienstleistungen im Bereich Trinkwasserversorgung und Straßenbeleuchtung für andere Gemeinden der Region. Der Gemeinderat der Stadt Bad Saulgau hat darüber hinaus die Stadtwerke mit dem Ausbau der Breitbandinfrastruktur beauftragt.

Seit den neunziger Jahren betreiben die Stadtwerke drei Wärmenetze. Insgesamt werden ca. 12.000 MWh Wärme an Kunden abgegeben. Die ursprüngliche Fernwärmeversorgung des Schulzentrums, mit Heizzentralen in der „Brechenmacher-Schule“ und im Schwimmbad, wurde ab 2010 in die Kernstadt erweitert. 2017 wurde die Fernwärmeleitung in der Schulstraße zwischen Realschule und Aicher-Scholl-Schule verlegt. Hierbei konnten mehr als 70% der möglichen Anschlussnehmer angeschlossen werden.

Die vorhandene Wärmeerzeugung in Bad Saulgau ist geprägt von effizienten gasbetriebenen Blockheizkraftwerken (BHKW). Aufgrund des Zuspruchs zahlreicher Grundstückseigentümer ist das Fernwärmenetz an seiner Leistungs-Kapazitätsgrenze angekommen, so dass derzeit keine weiteren Anschlussnehmer mit Fernwärme bedient werden können.

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 01.07.2021 die Stadtwerke beauftragt, für die Gesamtstadt ein innovatives und klimafreundliches Versorgungskonzept zu erstellen.

2. Zielsetzung des Vorhabens

Die Nachfrage nach nachhaltigen Wärmeversorgungslösungen auf Kundenseite ist stark angestiegen. Gründe hierfür sind zum einen das Alter zahlreicher Heizungsanlagen, die während des jahrzehntelangen Baubooms im vergangenen Jahrhundert in Betrieb genommen wurden und nun altersbedingt zu erneuern sind. Zum anderen stellen die nicht vorhersehbaren Entwicklungen der Energiemärkte, die klimapolitischen Entwicklungen und die sich laufend ändernden politischen Rahmenbedingungen eine große Herausforderung an Hauseigentümer dar.

Regenerative und erneuerbare Energien bilden das neue Rückgrat der wirtschaftlichen Energieversorgung vor dem Hintergrund des globalen Klimawandels. Besonders Wind-, Sonnen-, Bioenergie, Umweltwärme aus der tiefen- und oberflächennahen Geothermie, Abwärme aus der Industrie ersetzen immer mehr fossile Energieträger.

Mit breiten Anwendungsmöglichkeiten finden die unterschiedlichsten Facetten erneuerbarer Energien auch im Bad Saulgauer Wärmekonzept Berücksichtigung. Besonders wird die Biomasse mit ihrer regionalen Verfügbarkeit und ihrer Speicherfähigkeit mittelfristig eine wichtige Rolle spielen.

Sowohl Abwärmenutzungen aus gewerblichen Einrichtungen, wissenschaftlich begleitete Erdwärmenutzungen, optimierte Gesamtbilanzierungen von Biomasseanlagen wie auch die solare Nutzung für Strom und Wärme wurden in die Untersuchung einbezogen. Neben Akteuren aus Wissenschaft und Hochschulen unterstützen Berater der regionalen Energieagenturen sowie weitere Fachexperten die vorliegende Gesamtkonzeption.

Darin wird unter Nutzung von innovativen Technologien bedarfsgerecht und flexibel Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien und Abwärme vor Ort erzeugt. Auf diese Weise kann ein Klimaschutz-Modellprojekt geschaffen werden, welches weit über die Stadt ausstrahlt.

Darüber hinaus bieten sich Optionen zur Einbindung künftig erschlossener, neuer Wärmequellen (z. B. aus der Tiefengeothermie), um damit zu gegebener Zeit eine Verdrängung nachwachsender Rohstoffe (Biomasse) zu ermöglichen.

Dazu gehören

  • wesentlich höhere ökologische Einsparpotentiale,
  • Reduzierung des Einsatzes fossiler Energieträger auf ein Minimum,
  • Einspeisung von einem hohen Anteil an erneuerbarer Wärme,
  • günstigere wirtschaftliche Wärmekosten,
  • Orientierung an die bestehende kundenorientierte Willensbekundung zur Fernwärme.

Weitere Ziele sind:

  • flexible Umstellung von Brennstoffarten/Systemumstellung,
  • regionale Wertschöpfung bei Energiebeschaffung und Investitionen,
  • Reduzierung von Abgasemissionen durch Rauchgasreinigung (u. a. Staub, NOx),
  • weitestgehende Nutzung der Rauchgasenergie über Wärmerückgewinnung (Kondensationsanlage),
  • reduzierter Anlieferverkehr im Stadtgebiet durch die geplante Heizhaus- und Standortoptimierung,
  • großflächiger Ausbau in der Kernstadt mit Fernwärme und Verbund der drei bestehenden Fernwärmenetze,
  • Umsetzung und Kooperation des innovativen Projekts mit regionalen Partnern,
  • Weiterführung der KfW-geförderten Quartierskonzeption Seewattenstraße/Eichendorffweg vom Dezember 2020,
  • grundsätzlich: die Befriedigung der erhöhten Nachfrage der Grundstückseigentümer nach einer nachhaltigen Wärmeversorgungslösung.

(Stand 2023)

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